Skip to main content

Ricardo Rezende im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen

Gleich nach bekannt werden der teilweise menschenunwürdigen Zustände auf der Farm kam es zur Kontaktaufnahme und wir informierten die deutsche Öffentlichkeit im Rahmen unserer bescheidenen Möglichkeiten. So erschien erstmals 1983 ein Interview mit Padre Ricardo Rezende in den BrasilienNachrichten.

1985  besuchte er Deutschland und auch uns in Freiburg (s.Beitrag Interview mit Ricardo Rezende).

Er hielt Vorträge über  die Vorkommnisse auf der VW-Rinderzuchtfarm Rio Cristalino  und es entstand ein fortdauernder, freundschaftlicher Kontakt.

Kurzporträt von Ricardo Rezende

Nach dem Theologiestudium lebte und arbeitete er als Priester ab Mitte der 1970er Jahre in Conceição do Araguaia, im Bundesstaat Pará, einer der bis heute mit am heftigsten von Landkonflikten betroffenen Regionen. Er engagierte sich in der Landarbeiterpastoral (Comissão Pastoral da Terra), dem links-progressiven Flügel der katholischen Kirche.
Dabei erfuhr er von drei Arbeitern, denen es gelungen war, die VW-Farm zu verlassen über die dortigen Zustände. Sie suchten  bei ihm als Priester Schutz, erzählten ihm vom Alltag, von den Schikanen auf der VW-Rinderzuchtfarm Cristalino. Anschaulich schilderten sie ihm wie die „gatos“ die absolute Kontrolle über sie hatten und sie vollkommen rechtlos waren. Rezende ließ die Zeugenaussagen notariell beglaubigen und begann weitere Beweise zu sammeln.

Unsere erste Begegnung fand 1981 in Rio Maria im Bundesstaat Pará statt, 1985 folgte ein Besuch in Freiburg und wir blieben bis heute in freundschaftlichem Kontakt.
Ricardo Rezendes Engagement zog den Zorn der Großgrundbesitzer auf sich, schließlich erschien sein Name auf einer Liste „marcado para morrer“ – „zum Tod bestimmt“. Dass dies keine leere Drohung war, belegen mehrere Morde in dieser Region durch angeheuerte Killer („pistoleiros“). Beispielsweise starben der Priester Josimo Tavares (ermordet am 10. Mai 1986) und der Landarbeiter, Gewerkschaftsführer und Poet Expedito Ribeiro de Souza (ermordet am 2.2.1991 in Rio Maria, Pará), den ich 1990 kennenlernen durfte. Beide Male waren die Auftraggeber Großgrundbesitzer. Von 1992–1997 stand Ricardo unter Polizeischutz und die Situation wurde so unerträglich, dass er beschloss, nach Rio de Janeiro zu gehen. Dort studierte er Philosophie und Anthropologie und begann mit dem Aufbau einer Dokumentationsstelle zu Sklavenarbeit in Brasilien. Seiner Ausdauer ist es zu verdanken, dass die Vorkommnisse in den 1970er Jahren nicht in Vergessenheit gerieten. Ricardo lehrt inzwischen als Professor für Menschenrechte und Anthropologie an der Föderalen Universität von Rio de Janeiro, UFRJ. Als Ausgleich hat er sich der Malerei verschrieben und sich auch als Künstler Anerkennung erworben.
„Volkswagen hat von den Machenschaften, den schweren Menschenrechtsverletzungen auf der Farm gewusst“, dies ist bis heute seine feste Überzeugung.

Günther Schulz, BrasilienNachrichten Nr.166/2022

 

Bis heute ist Ricardo Rezende engagiert was Menschenrechtsverletzungen betrifft und ist Leiter einer Dokumentationsstelle an der Universität von Rio de Janeiro, die aktuelle Fälle sklavenähnlicher Arbeitsverhältnisse in Brasilien aufdeckt und dokumentiert.