Skip to main content

Ausbildungsprojekt

Die Favela 2 de Julho liegt in der Nähe des Flughafens. Es handelt sich hier um ein neues Viertel mit etwa 4500 Menschen. Direkt daneben sind noch weitere Favelas: Nova Brasilia und Jaguaribe (je 40.000 Einwohner) und Cajazeiras 1 bis 10 mit 3 bis 400.000 Einwohnern.

In diesem Viertel hat Yann Combes aufgrund der Spende einiger Privatpersonen ein Grundstück mit einem Haus kaufen können. Im Umkreis ist viel Grün, eine freie Fläche, auf der anderen Seite des Tals liegt ein Friedhof. Im Untergeschoss des Gebäudes befinden sich zwei getrennte Säle. Dort gibt es seit Beginn des Jahres 2004 eine Ausbildungsstätte für Schlosser und Schreiner sowie für Elektriker.Die Ausbildung dauert heute für alle ein halbes Jahr. Anfangs sollte für die Schlosser und Schreiner ein ganzjähriger Kurs durchgeführt werden. Es stellte sich jedoch, heraus, dass diese Zeit zu lange für die Schüler ist: Nach einem halben Jahr müssen sie erneut Geld verdienen.

Ursprünglich schloss sich an das Untergeschoss des Hauses eine kleine Terrasse an, von der man auf eine weiter unten liegende Terrasse gehen konnte. Auf diese weiter unten liegende Fläche wurde im Rahmen des Projekts ein weiteres Gebäude errichtet. Im unteren Teil sind zwei Raume. Der eine wird zur Computerausbildung genutzt, die ebenfalls ein halbes Jahr dauert. Der andere, größere Raum dient als Zentrum für Senioren und Jugendliche. Hier befindet sich eine Küche sowie Toilette. Der zweite Stock dieses Gebäudes schließt sich direkt an den ebenfalls überdachten Vorplatz vor dem Untergeschoss des ersten Gebäudes an, und bildet mit diesem eine Einheit. Dort werden die Schlosser- und Schreinerarbeiten durchgeführt, da der Unterrichtsraum selbst zu klein dafür ist.

Pro Jahr werden 40 bis 45 Schlosser und Schreiner, 50 bis 55 Elektriker, sowie 55 bis 65 Jugendliche am Computer ausgebildet. Es können Jungen und Mädchen an allen Kursen teilnehmen. Entsprechende Sanitäranlagen existieren. Kriterium für die Aufnahme bei den Computerkursen ist der Abschluss der Grundschule, bei den anderen Kursen müssen die Schüler lesen und schreiben können. Bei allen Kursen ist die Zulassungsvoraussetzung der erkennbare Wille und die Motivation zu arbeiten. Die Ausbilder entscheiden über die Aufnahme eines Anwärters auf der Basis eines Interviews.

Das Verhältnis von Theorie und Praxis ist bei den Kursen unterschiedlich verteilt. Bei den Schlosser- und Schreinerkursen findet morgens bzw. mittags der Kurs mit der theoretischen Vermittlung statt, nachmittags bzw. abends findet die praktische Verarbeitung des erlernten Stoffes statt. Hier üben sich die Schüler in der Herstellung von Erzeugnissen, die später verkauft werden sollen. Es gibt ein weites Spektrum von Produkten, das hergestellt wird. Belem und Val sind die Ausbilder. Es stellte sich bald heraus, dass die Materialkosten bei Holz relativ gesehen sehr viel höher sind als bei Eisen und Blech. Daher werden vorrangig Schlosserprodukte hergestellt, wie z.B. Tisch- oder Stuhlrahmen aus Eisen, Tür- und Fenstergitter, 2005 wurde auch eine lebensgroße Voliere weitgehend fertig gestellt.

Bei den Elektrikerkursen die für jeweils 10 bis 14 Schüler pro Klasse entweder vormittags oder nachmittags gehalten werden, folgt die Praxis unmittelbar den theoretischen Ausführungen. Der ganze Kurs ist praxisorientiert. Am Ende des Kurses besteht die Abschlussarbeit darin, die elektrischen Leitungen in dem Haus eines Kursteilnehmers zu legen, wo es diese bisher nicht gab.

Auch der Computerkurs, der ebenfalls vormittags und nachmittags gegeben wird, ist unmittelbar anwendungsorientiert. Er folgt einem vorgefertigten Ausbildungsplan, in dem der Gebrauch von Microsoft Windows und Word, Excel sowie die Verwendung von E-mail und das Surfen im Internet unterrichtet wird. Ferner lernen sie, ihr eigenes Curriculum Vitae für ihre Arbeitssuche, wie auch kleinere Arbeiten, Kochrezepte und Ähnliches für die Gruppe der Jugendlichen und für die Senioren zu schreiben.

Am Ende des Kurses erhält jeder Teilnehmer ein vom Projekt ausgestelltes Zertifikat. Die Ausbilder selbst haben kein Diplom, solche Kräfte könnten vom Projekt aus nicht finanziert werden. Bei ihnen handelt es sich um técnicos qualificados, d.h. qualifizierte Berufsteätige mit Eignung zum Unterricht. Auch in São Paulo waren schon mit solchen Ausbildern gute Erfahrungen gemacht worden. Entsprechende Kräfte stehen auch in Salvador zur Verfügung. Als ein Beispiel sei hierfür Belem genannt, der selbst eine Schlossereiwerkstätte besitzt.


in Berufschulsystem wie in Deutschland gibt es in Brasilien nicht. Häufig werden im Handwerksbereich junge Leute tätig, die ihren Beruf nicht in Ausbildungslehrgängen sondern „on the Job" gelernt haben. In diesem vorgesehenen Projekt stehen hingegen qualifizierte Ausbilder zur Verfügung, die ein fundiertes Grundwissen vermitteln können. Der Bundesstaat Bahia setzt seit den 90iger Jahren auf den Ausbau der Tourismusindustrie.

Hiermit wird auch der Bedarf an Elektrikern, Schreinern und Informatikern steigen. Die Chancen für qualifizierte Jugendlichen werden sich verbessern. Aus den Erfahrungen von Sao Paulo kann abgeleitet werden, dass die ausgebildeten Jugendlichen zunächst Arbeitsmöglichkeiten in Form von Gelegenheitsarbeiten erhalten. Daraus entwickelten sich häufig überlebensfähige Kleinbetriebe. Dieses Projekt der Moradia Associaçao Civil sieht vor, am Ende der Lehrgänge bei der Vermittlung nach einer Arbeitsstelle dadurch behilflich zu sein, dass Kontakte auf dem Arbeitsmarkt hergestellt und erste Aufträge von Kunden beschafft werden.

Bei den Kursen wird besonders auf die Zusammenarbeit zwischen den Jugendlichen Wert gelegt. Diese soll nach Möglichkeit bei der späteren Berufsausübung weiter bestehen bleiben.

Zunächst wurden von den Kursteilnehmern keine Ausbildungsgebühren erhoben. Ab dem Jahre 2007 wird das Projekt ohne die Unterstützung von unserer Seite auskommen müssen. Da wird es u.U. erforderlich sein, Gebühren zu erheben. Daran wird vor allem bei den Computerkursen gedacht. Aufgrund einer Spende war es möglich, sechs neue Computer mit dem neuen Windows System XP zu erwerben. Die Kurse sind sehr beliebt. Es wäre denkbar, für die Teilnahme an einem PC-Kurs 50 Reais (= 20 EURO) zu verlangen. Bei anderen Ausbildungsstätten wäre die Teilnahme ab 200 Reais (= 80 EURO) zu haben. Hierdurch und durch das Angebot von Computerdienstleistungen sowie die Erhebung von Gebührung für die Nutzung des Computers könnte auch in Zukunft ein PC-Ausbilder sowie die Instandhaltung der PC’s gewährleistet sein.

Bei den anderen Kursen wird nicht an die Erhebung von Gebühren gedacht. Hier soll durch den Verkauf von Produkten aus dem Schlosser- und Schreinerkurs der Lohn für die beiden Ausbilder sowie der Einkauf der notwendigen Inputs ermöglicht werden. Auch der Lohn des Ausbilders im Elektrikerkurs soll durch Serviceleistungen aus dem Lehrgang finanziert werden.